Europaschule Köln

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Heimkinder im Nationalsozialismus - ein Schicksalsbericht

Richard Sucker sprach mit Schülern der ESK über sein Schicksal als Heimkind während der NS-Zeit und die damals gängige Praxis der Kinderzwangsarbeit in christlichen und staatlichen Heimen.

Richard Sucker, der zurzeit aufgrund einer Einladung des NS-Dokumentationszentrums in Köln ist, sprach am 22. Januar 2010 zu Schülerinnen und Schülern der Europaschule Köln über sein Schicksal als Heimkind in der Zeit des Nationalsozialismus. Er stellte den Schülerinnen und Schülern Ausschnitte aus Renate Günther-Greenes Film „Die Unwertigen“ vor, in dem er selbst als Protagonist fungierte. Eindrucksvoll und authentisch schilderte er Schülerinnen und Schülern des zehnten und elften Jahrgangs das Leben junger Menschen, die aus rassistischen oder politischen Gründen in Heime gesperrt und zu harter Arbeit gezwungen wurden, weil sie nicht in das Wertesystem der Nationalsozialisten passten.


             
Der sehr beeindruckende Dokumentarfilm, der am Tag zuvor im Filmhaus an der Maybachstraße in Köln zum ersten Mal öffentlich präsentiert wurde, zeigt am Beispiel des Schicksals Richard Suckers und drei weiterer Protagonisten, die ein ähnliches Schicksal erlitten, die Geschichte von "Heimkindern“ in der NS-Zeit. Oft mussten diese Kinder auch nach 1945 noch lange Jahre unfreiwillig in Heimen leben. Für sie gab es weder eine Anerkennung gegenüber ihrem Leid, noch eine Entschädigung. In den Heimen gab es nach 1945 zunächst keinen Bruch mit der rigiden Erziehungspolitik - "Zöglinge" wurden zum Teil bis in die 1970er Jahre gedemütigt und geprügelt. Zwischen 1949 und 1975 lebten rund 800.000 Kinder in westdeutschen Kinderheimen, davon 500.000 in konfessionell geführten.
                             
Auf die Anfrage eines Schülers, woher Herr Sucker die Kraft nahm, die harten Strafen zu erdulden, gab er offen zu, dass er schon mehrmals versucht habe, aus dem Leben zu scheiden. Er habe jedoch erkannt, dass dies nicht der richtige Ausweg sei und dass er noch eine Aufgabe habe, die er nunmehr vor allem darin sieht, auf sein persönliches aber vor allem auf das Schicksal so vieler Menschen aufmerksam zu machen. Erst durch die Recherchen der Regisseurin Renate Günther-Greene erfuhr Richard Sucker den Namen seiner Mutter und konnte ein Foto von ihr in den Händen halten. Heute ist er Interessenvertreter der ehemaligen Heimkinder im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, wo bis November 2010 eine Lösung für eine Entschädigung gefunden werden soll.

U. Gausling